Erinnert sich noch jemand an den Artikel über die Barschule München?
www.sueddeutsche.de/muenchen/793/315682/text
Ein Ausschnitt:
"Für einen kurzen Moment ist es ganz still im Raum. Simon, 23 Jahre alt, und Murad, 29 Jahre, stehen bewegungslos hinter ihren beiden Bartheken, die Arme angewinkelt, bereit zuzugreifen. Beide warten vor dem Duell auf das Startkommando. Das lautet: "Piña Colada und Planters Punch!" Dann geht alles ganz schnell.
In Simons linker Hand tauchen zwei leere Gläser auf, seine rechte füllt sie mit Eiswürfeln und stellt sie auf einer kleinen Theke vor sich ab. Murads Gläser stehen da schon. Simon zückt seine Flaschen aus dem hinter der Bar auf Bauchnabelhöhe angebrachten Brett wie ein Cowboy seine Revolver. Dann schießt er. Zwei Centiliter dunklen Rum mit rechts, gleichzeitig zwei Centiliter hellen Rum mit links. Nachladen. Zwei Centiliter Sahne mit rechts, mit links vergreift er sich. Statt Kokossirup hat er Grenadine in der Hand, muss noch einmal nachladen. Murad führt.
Aber Simon holt beim Planters Punch auf. Die beiden beginnen gleichzeitig ihre Drinks zu shaken. Die vier anderen Barschüler sind noch nicht so weit. Simon füllt beide Cocktails gleichzeitig aus dem Shaker in Gläser, dann wirft er noch eine Ananas in den Colada und eine Orange in den Punch. Er gewinnt das Duell gegen Murad, aber nicht gegen die Uhr."
...
"Sonntag. Der Praxistest für Simon. Er bekommt eine Karte vorgehalten, auf der "Honolulu Juicer und Daiquiri" steht. Anschließend eine mit "Grasshopper und Negroni". Nach exakt einer Minute und 42 Sekunden sind die vier Cocktails fertig. Doch Simon bekommt eine Zeitstrafe. Er ist mit dem Shaker an eines der Gläser gestoßen, so dass ein bisschen Daiquiri herausgeschwappt ist. Zehn Sekunden mehr. Damit heißt die Siegerin Katja ..."
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Diese aktuelle Meldung wundert mich da nicht:
"Guiness-Weltrekordversuch im Cocktail-Speedmixen ist gelungen: Matthias Knorr sicherte sich heute auf der HOGA Nürnberg mit 389 Cocktails den Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde
Der Münchener Barkeeper Matthias Knorr hat sein Ziel erreicht. Er stellte heute im Rahmen der HOGA Nürnberg, Fachmesse für Hotellerie, Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung, einen neuen Guiness-Weltrekord im Speed-Mixen auf. Innerhalb einer Stunde mixte er 389 verschiedene Cocktails. Sein Rekordversuch wurde von 3 Fachjuroren genauestens beobachtet, die am Ende die Zahl von 389 Cocktails anerkannten. Damit übertraf der Münchener den bisherigen Weltrekord von Bobby „G" Gleason aus Las Vegas (253 Cocktails) deutlich. Matthias Knorr, der in München eine Barschule betreibt, legte von Anfang an ein rasantes Tempo vor und zeigte eine souveräne Leistung. Seinen Sieg feierten die Helfer und Freunde der Barschule München mit einer kräftigen Sektdusche. "
Siehe auch hier:
www.abendzeitung.de/nuernberg/lokales/81131
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Wie sich die Bilder gleichen...
Diese Art von Weltrekorden,
diese Art von Kasperltheater,
diese Art von Cocktails,
diese Art von Bartendern,
diese Art von Barkultur incl. "Sektdusche"
brauche
ich zumindest nicht.
Nun ging es beim Weltrekord ja um die genussfremde Kategorie des "Speedmixens".
Wer Spaß an so etwas hat, den informiere ich gerne über die nächste Weltmeisterschaft im Hamburger Wettessen. Ich denke, die bewegt sich auf dem gleichen gastronomischen und genußbezogenen Niveau.
www.spiegel.de/panorama/0,1518,514072,00.html
Aber leider prägt diese Art und Weise der Schlimm-Bereitung auch die Ausbildung,
bei der "selbstverständlich" auch auf Sauberkeit und Sorgfalt geachtet wird.
Man sollte nicht kleckern....
Leider bleibt da keine Zeit mehr, den Drink geschmacklich auszubalancieren.
Aber warum auch?
Warum sollte man genussorientiert arbeiten, wenn man in der kurzen Zeit noch ein paar Saufdrinks rausschiessen kann? ...
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Quo Vadis deutsche Barkultur?
Wann stellt man sich (z.B in der DBU) endlich dem Thema
Qualitätsmanagement?
Und damit meine nicht nur Sauberkeit und IHK Zertifikate.
Ich fordere angemessene Zutaten,
so etwas elementares wie frischen Zitronensaft
(daß man so etwas im Jahre 2009 noch schreiben muss...),
und eine Ausbildung, die es dem Tender möglich macht, auch einen Cocktail Connaisseur zu bedienen.
Die Köche machen es doch vor.
Dort arbeiten die meisten eben nicht auf dem Niveau von Fast-Food Kaschemmen.
Ich habe mir sagen lassen, die meisten schmecken das von Ihnen zubereitete Essen sogar abSCHMECKEN...
Hey..., wäre das nicht auch eine tolle Idee für unsere auf "Speed" getrimmten Münchener Barschüler
auf dieser weltmeisterlichen Barschule "mit weltweitem Ruf"...
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Mein Fazit: Crashkurse für Fließband-Cocktail-Zubereitungs-Roboter,
die "ab und zu einen kleinen Trick parat haben und sich mit den Gästen unterhalten."
Bei den Bars, die eine derartige "Ausbildung" schätzen,
tun mir schon jetzt die Gäste leid.
www.barschule-muenchen.de/barschule/index.html